„Es ist schade, dass so wenig Persönliches aus der Wissenschaft bekannt ist“, schreibt Ernst Peter Fischer im Vorwort zu seinem Buch Aristoteles, Einstein & Co.. Da hat er Recht, man kann es nicht oft genug betonen: Wissenschaft wird von Menschen gemacht. Unter den Kitteln, hinter den Messtischen und in den Denkerstübchen steckten, standen und saßen in allen Epochen Menschen wie der Bäcker um die Ecke, Leute, die lispelten (Aristoteles), unter Krankheiten litten, die ihnen das Leben zur Hölle machten (Darwin) oder die ihrer geliebten Frau nachtrauerten (Feynman) — kurzum, Leute wie du und ich, die eben außerdem noch das Glück hatten, in ihrem Beruf besonders viel Spaß zu finden und so nebenbei die Welt ein wenig voranzubringen. Eine ganze Reihe dieser Leute stellt Fischer in seinem absolut lesenswerten und unterhaltsamen Buch vor — nach Gruppen (Amerikaner, Frauen) bzw. „Wissenschaftszeitaltern“ (Antike, moderne Klassiker) sortiert. Den einzelnen Kapiteln hat Fischer eine schöne Gliederung mitgegeben: Der Leser findet erst eine Einleitung, in der Leben und Werk des Forschers kurz umrissen und eingeordnet werden, dann gibt es jeweils einen hervorragenden Abschnitt namens „Der Rahmen“, in dem Fischer gerafft darstellt, was zu Lebzeiten des Beschriebenen noch so geschah. Sehr schön: Wenn man erfährt, dass Faraday geboren wurde, als Mozart starb, und dahinschied, als Wagner Tristan und Isolde komponierte, rauschen die Jahrzehnte nur so an einem vorbei. Damit finden sich auch Leute, die zum Beispiel mit dem Namen Max Delbrück eher weniger anfangen können, rasch zurecht. Die Filetstücke des Buchs sind aber die Portraits von Darwin, Kepler, Einstein und Co., die das Wesentliche einer Lebensleistung, die Gründe für ihr Zustandekommen, Randumstände wie Krach mit Kollegen etc. lebendig schildern: Wissenschaftlich gehen sie — von Ausnahmen abgesehen — eher weniger ins Detail, stattdessen erfährt man allerlei Anekdötchen und scheinbare Nebensächlichkeiten. Etwa, warum der kleine schottische „Kräftevereinheitlicher“ Maxwell, der es ablehnte, Zeitungen zu lesen, mehr Glück als Verstand hatte, als er den ersten Farbfilm entwickelte. Oder warum der „bescheidene Buchbinder“ Faraday bis zu seinem Tod alle Auszeichnungen ablehnte, wer Lise Meitner um ihren Nobelpreis gebracht hat und wie der berühmte „Gute Mensch von Kopenhagen“, Niels Bohr, sich einmal von einer Bierbrauerei unter die Arme greifen ließ. Und wer immer noch glaubt, dass Newton der „Überphysiker“ schlechthin war — tja, weit gefehlt: Er verbrachte mehr Zeit mit der Suche nach dem Stein der Weisen als mit dem Brüten über seiner Mechanik. Diese lebendig geschriebenen Porträts (leider, leider fast nur von Physikern) von Teepausenlänge verdichten sich zu einem Pfad der Wissenschaft abseits der Lehrbuchweisheit, die uns berühmte Forscher immer noch zu oft als unnahbare Geistesmenschen präsentieren will. Und mit dem schönsten Lob für ein Sachbuch möchte ich hier auch nicht geizen: Man fängt nach wenigen Seiten an zu schmökern. Uneingeschränkte Empfehlung für Forschungsfans! –Stefan Albus