Mit dem Untergang der Sowjetunion hat sich die staatsrechtliche Stellung der russischen Kommunen grundlegend verändert: Die Verfassung der Russischen Föderation garantiert den Bürgern in Artikel 3 kommunale Selbstverwaltung; föderale und regionale Reformgesetze der 90er Jahre haben die rechtliche Grundlage für eine demokratische Erneuerung der lokalen Verwaltung gelegt. Diese Fallstudie untersucht, wie sich die neuen Rahmenbedingungen auf die lokale Politik der Stadt Kaliningrad ausgewirkt haben. Dazu werden die rechtlichen Aspekte der kommunalen Selbstverwaltung, die Besonderheiten der zentralen lokalpolitischen Institutionen sowie die Akteure und ihre Interaktion in den Jahren 1990 bis 2005 analysiert. Die Einführung eines neuen Institutionensystems durch die Kaliningrader Stadtsatzung im Jahr 1996 führte zu einer Politisierung der kommunalen Ebene und zur Herausbildung neuer Konfliktlinien. Die Dynamik in der Lokalpolitik, die zunächst durch Auseinandersetzungen zwischen dem direkt gewählten Bürgermeister und den Stadträten sowie zwischen Stadt- und Regionalverwaltung geprägt war, hat nicht zu einer Konsolidierung demokratischer Spielregeln geführt, sondern zur Entstehung eines neuen Modells autoritärer Verwaltung. Die Re-Etatisierung der Kommune war merklich von der Zentralisierungspolitik Putins während seiner ersten Amtszeit als Präsident beeinflusst.