Bildung im Widerstreit mim. Die Diskussion um die sogenannte «Postmoderne» war eine der verpassten Chancen. Statt sich auf die gewiss nicht unerheblichen Provokationen einzulassen, um das «Projekt der Moderne» im Durchgang durch seine Kritik womöglich deutlicher noch zu konturieren, herrschte allenthalben Katastrophenalarm. In den Einzelwissenschaften sah die Sache kaum besser aus. Ob eifernde Befürworter, ob nicht minder eifernde Kritikaster: man überbot sich in grossen Gesten; in die Niederungen gründlicher Begriffsarbeit verirrte man sich selten. Hans-Christoph Koller geht für die Erziehungswissenschaft den umgekehrten Weg. Die Überlegung voraussetzend, dass der Begriff der Bildung als «zentrale Orientierungskategorie für die pädagogische Reflexion unverzichtbar» sei, bearbeitet er im ersten Teil seines Buches die Frage, welche «Konsequenzen aus der postmodernen Gegenwartsdiagnose für den Versuch der Formulierung einer zeitgemässen Bildungstheorie zu ziehen» seien. Wobei insonderheit Jean-François Lyotards Begriff des «Widerstreits» ins Zentrum rückt. Nach einer durch Lyotards Reflexionen orientierten Relektüre der bildungstheoretischen Schriften Wilhelm von Humboldts und Theodor W. Adornos wagt sich der Autor im zweiten Teil dann an die empirische «Untersuchung tatsächlicher lebensgeschichtlicher Lern- und Entwicklungsprozesse aus der Perspektive des im ersten Teil entwickelten Bildungsbegriffs».