Billig ist in, Geiz ist geil und wer zu viel bezahlt, ist blöd. Botschaften, die den Kunden von heute umhertreiben und Ausdruck sind eines „Discount-Phänomens“, das als Vabanquespiel zwischen Lust und Frust unser Leben und unsere Gesellschaft verändert. David Bosshart gelingt es klar und nachvollziehbar, Hintergründe und Verflechtungen zu beleuchten, die diese Strömungen ermöglichen und forcieren. So stellt er beispielsweise die geringfügigen Möglichkeiten, politischen Einfluss auszuüben in Zusammenhang mit dem Kaufverhalten, kommt doch das Zücken des Portemonnaies oder der Kreditkarte einer Abstimmung in der Consumer-Democracy gleich — direkt, unmittelbar und mit sofortiger Wirkung. Doch wo Traditionen durch Trends ersetzt werden, wird Vielfalt mühsam und die Kundenkonfusion steigt. Mit der Kernfrage „Was ist was wert?“ sind, so stellt der Autor klar, die meisten überfordert. Was liegt da näher, als auf das einfachste Unterscheidungskriterium zurückzugreifen, nämlich den Preis. Schließlich sind nicht nur Food und Fashion zu Dumpingpreisen inzwischen selbstverständlich, sondern auch Billig-Fliegen hat heute fast schon den Status eines Menschenrechtes. Dass die Billigwelle auch Bereiche wie Wissen oder Intimität mitreißt, wird in Kauf genommen, denn der Preis ist heiß! Noch schneller, besser, billiger ist der Leitspruch der Marktdemokratie. Dabei legt Bosshart Wert darauf, dass billig nicht automatisch lausig schlecht bedeuten muss, sich gut und günstig nicht ausschließen müssen. Aber er betont auch, dass mehr denn je das Motto „Nur wer Geld hat, kann Zukunft horten!“ im Mittelpunkt steht. Und wenn er von einer „Wal-Martisierung“ der Gesellschaft spricht, leuchtet ein, wie kollektiv an einer Spirale gedreht wird, die die große Mehrheit nach unten drückt: „Wer ganz unten ist in der Lohnhierarchie, kann noch so schnell laufen, er wird nie auf ein respektables Auskommen kommen. Im Gegenteil: Er braucht die tiefen Preise, weil sein Lohn sinkt.“ Damit gelingt es Bosshart, den Billig-Hype als Ausdruck der Paradoxie einer sich globalisierenden Welt zu entlarven. Ein spannendes Thema, in Bossharts Buch durch solide Argumentation, Fallstudien und Hinweise auf weiterführende Literatur, Websites etc. gut aufbereitet. –Petra Günzel
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.