Kennst du das Land, wo „die Projektionen blühen“? Peter Richter hat es kennen gelernt, von vielen Seiten, „links wie rechts, hochdeutsch wie sächsisch“. Blühende Landschaften berichtet auf vergnügliche Weise von diesen Feldforschungen. Die paradoxe Arbeitshypothese, dass Ostler und Westler sich seit der Wiedervereinigung eher auseinandergelebt als zusammengerauft haben, überprüft Richter bei Diskussionen mit Hamburger „WG-Politologen“, einer Reise nach Namibia oder im Fußballstadion. 1993 kommt der gebürtige Dresdner zum Studium in den Westen und wähnt sich in „die Modelleisenbahnplatte von Helmut Kohl“ versetzt. Alte Villen kennt er von zu Hause, doch was da die Alster säumt, ist „weiß geschminkt wie anämische Nutten“, quasi „die architektonische Umsetzung der White-Power-Bewegung“. Angesichts eines rassistisch veranlagten Vermieter-Ehepaars spekuliert er, ob man „statt der Miete jeden Monat einen Skalp“ abliefern könnte. Zur Weißglut treiben ihn freilich auch linke Bürgersöhne mit „ihren Nutellakindergesichtern“, die im Kampf gegen Rechts die erneute Bombardierung Dresdens begrüßen würden. So geht es munter durch die Milieus, werden unter Ost-West-Aspekten „Wohnwelten“, „Stilfragen“ und „Bettgeschichten“ erörtert. Das alles in einem — manchmal stimmen Klappentexte! — „angenehm boshaften“ Tonfall: bissig, aber nicht gehässig, keine kühle Polemik, sondern Notwehr gegen Borniertheit in jeder Form. Auch die ehemaligen DDR-Bürger bekommen ihr Fett weg, nur „Zonengabi“ vom legendären Titanic-Titel ist eine liebevolle Hommage gewidmet. Richter gelingt in den meisten Kapiteln mit ost-westlicher Brille ein scharfer Blick auf deutsche Verhältnisse. Er selbst ist mittlerweile in Berlin(-Ost) gelandet, auf der literarischen Landkarte findet man ihn irgendwo zwischen Michael Moore (ohne Statistik) und Jana Hensel (mit guter Laune). –Patrick Fischer