Nikolaj J. Ossipow ist der erste russische Psychoanalytiker und der erste, der das Schicksal der Emigration durchlebt. So spiegelt die Erstveröffentlichung des Briefwechsels mit Sigmund Freud neben dem persönlichen Schicksal Ossipows auch ein kaum bekanntes Kapitel der psychoanalytischen Bewegung in Mittel- und Osteuropa wider.Freud schreibt an Jung: »Der Russe ist ein prächtiger Kerl, klarer Kopf, ehrlich überzeugter Anhänger.«Nikolaj J. Ossipow (1877-1934) ist der erste russische Psycho ana lytiker. Nach dem Studium der Medizin in Deutsch land und der Schweiz wendet er sich in Moskau der Psychiatrie zu und arbeitet unter den bedeutenden Vertretern der progressiven humanen Schule Korsakows. Sein Interesse an der Psychodynamik der Neurosen führt ihn zum Studium der Werke Freuds, den er 1910 in Wien besucht.Infolge seiner Ablehnung des Bolschewismus flieht er am Ende des Bürgerkrieges aus der Sowjetunion nach Prag und wird so zum ersten Emigranten der Psychoanalyse. Dort beginnt 1921 der Briefwechsel mit Freud, der ihm Verständnis und Unterstützung entgegenbringt. Sie diskutieren über Ossipows psycho analytische Studie über Tolstois Kind heitserinnerungen, die Inter pretation der russischen Revolu tion, die Emigration und den Aufbau der Psychoanalyse in Prag.Die Herausgeber:Eugenia und René Fischer, Hans-Heinrich Otto und Hans-Joachim Rothe sind Nervenärzte und Psychoanalytiker (DPV/IPV) in eigener Praxis und haben über verschiedene Themen aus der Geschichte der Psychoanalyse veröffentlicht.