Stephanie McCann ist eine junge Journalistin, die beim „Weekly Islander“ in Maine ihr eigentlich ödes Dasein fristet. Doch das Geschäft aus Nichtigkeit und Trivialitäten macht ihr Spaß. Doch dann kommt plötzlich ein Star-Reporter in die Redaktion, de etwas über ungeklärte Mordfälle wissen will. Er wird wieder fortgeschickt, wegen Mangels an Geschichten. Aber im fünften Kapitel von Colorado Kid erfährt man (endlich), dass es auch hier in der Provinz einen merkwürdigen Mordfall gegeben hat. Damals, vor 25 Jahren, fanden zwei Jugendliche der Leichtathletikmannschaft der Bayview Consolidated High School eine Leiche, deren Herkunft zunächst nicht geklärt werden kann. Als aber ein Jahr später dank eines emsigen Gerichtsmediziners klar wird, dass der Tote aus Colorado stammte, wird alles nur noch geheimnisvoller. Wie konnte er in so kurzer Zeit nach Maine gelangen? Scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit … Nein, dies ist kein “typischer” Stephen King. Etwas weniger Phantastik (die es natürlich trotzdem gibt), etwas weniger Splatter und etwas weniger — nicht immer hintergründigen — Horror. Außerdem ist Colorado Kid mit knapp 160 Seiten wesentlich kürzer als Klassiker wie Kings Debüt Carrie, der von Stanley Kubrick kongenial verfilmte Roman Shining, Es, Der Turm, The Stand oder Friedhof der Kuscheltiere. Hinzu kommt, dass der Roman etwas braucht, um in die Gänge zu kommen. Danach aber ist er durchaus spannungsvoll. Die Lösung bleibt lange im Dunkeln, Wendungen machen es schwer, im Vorhinein etwas herauszufinden (wobei eigentlich auch gar nichts herauszufinden ist). So kann man Colorado Kid nicht nur für unverdrossene King-Fans, sondern auch für Freunde gepflegter Krimi-Unterhaltung im Retro-Stil der Hard-Boiled-Autoren der vierziger Jahre empfehlen — vorrausgesetzt, sie können auch einen Schuss Ironie vertragen. Als Tipp: Man sollte erst im 5. Kapitel anfangen zu lesen. –Stefan Kellerer