Das Ergebnis ist ein nüchternes Buch, das dem Leser an fachlichem Mitdenken genauso viel abverlangt wie Goldratts erster Roman Das Ziel, ist aber gleichzeitig so flüssig geschrieben, dass auch Laien einen interessanten Blick hinter die Kulissen der Softwarebranche riskieren können. Zur Story: Die erfolgreiche Softwarefirma BGSoft steht vor einem Dilemma: Zwar sind ihre Produkte noch erfolgreich, doch schon ist abzusehen, dass sich das demnächst ändern wird. Bald ist der Markt gesättigt, und das Produkt selbst wird allmählich so komplex, dass es nicht mehr beherrschbar ist. Dabei steht das Management ständig unter dem Druck, die Quartalsprognosen zu erfüllen und die wahnwitzige Vorgabe von 40 Prozent Wachstum zu halten, sonst fallen die Analysten und Investoren über das Unternehmen her und lassen die Aktie in den Keller rutschen. Gemeinsam sucht das Team um Firmenchef Scott nach einer Lösung und findet sie in Zusammenarbeit mit einem ihrer größten Kunden. Ihre Losung dabei: Entweder man probiert Neues aus oder man geht unter. Konflikte oder eine menschliche Spannung zwischen den Hauptpersonen gibt es nur in sehr abgeschwächter Form, alles kreist um die Probleme mit der Software, um Erfolg und (wie der Titel schon sagt) Ergebnisse. Die Faszination des Romans liegt darin, den Fortgang des Projekts zu verfolgen — das sehr realistisch zwischen Triumph und Katastrophe hin- und herpendelt — sowie darin, dass der Leser im Topmanagement der fiktiven Firma Mäuschen spielen kann. Bei allen wichtigen Besprechungen ist er dabei, folgt den Hauptpersonen (die man, typisch amerikanisch, nur mit Vornamen kennen lernt) bei ihren Kundenbesuchen und nimmt an ihren Überlegungen teil. Man begleitet die BGSoft-Leute bei ihrer Arbeit. Das Privatleben der Figuren wird völlig ausgeblendet. Dass die Hauptperson Scott verheiratet ist, erfährt man zunächst nur durch den Satz: „Von der anderen Seite des Bettes wird Protest laut“, als Scott nachts aufsteht und im Garten herumschlendert, um zu überlegen. Gerade Firmenchef Scott bleibt als Mensch blass, wenig greifbar, von den anderen Figuren bekommt man einen deutlicheren Eindruck, obwohl Goldratt mit Beschreibungen geizt. Nachdem Goldratt mit seinem ersten ins Deutsche übersetzten Wirtschaftsroman Das Ziel sogar die Wirtschaftsbestsellerlisten knacken konnte, hat sein zweiter Roman eine wiederum sehr gute Ausgangsposition. Um über die Softwarebranche schreiben zu können, hat Goldratt diesmal zwei Fachleute ins Boot geholt, Eli Schragenheim und Carol A. Ptak. Weitere Romane von Eliyahu Goldratt werdem bald zu erwarten sein, der Campus Verlag hat die Rechte an seinem Gesamtwerk erworben und in den USA sind bereits zahlreiche Titel aus seiner Feder erschienen. –Sylvia Englert