Sein aktueller Film The Straight Story sorgte jüngst in Cannes für Furore, die neue Fernsehserie Mulholland Drive ist gerade im Produktionsstadium — David Lynch ist wieder in aller Munde, und die Faszination, die von seinem künstlerischen Schaffen ausgeht, scheint ungebrochen. Für alle, die sich etwas intensiver mit dem filmischen Universum David Lynchs auseinandersetzen möchten, ist die überarbeitete Neuauflage von Robert Fischers Klassiker Die dunkle Seite der Seele der ideale Einstieg. Robert Fischer kommt zweifellos das Verdienst zu, sich als erster namhafter deutscher Filmjournalist mit dem Gesamtwerk David Lynchs auseinandergesetzt zu haben, und sein Buch ist immer wieder eine faszinierende Lektüre. Behandelt werden Lynchs Biographie und sein Werk von den frühen Experimentalfilmen bis zu seinem düsteren Meisterwerk Lost Highway. Was Die dunkle Seite der Seele aber weit über das Niveau anderen Filmbücher hinaus auszeichnet, ist die intime Kenntnis des Lynchschen Œuvre. Sie macht das Buch zweifellos zu einem der gelungensten Bände der Heyne Filmbibliothek. Fischer profitiert von den zahlreichen Gesprächen, die er mit dem Künstler führen durfte. Der Text strotzt geradezu vor Insiderkenntnissen, doch der Autor begnügt sich nicht mit der detaillierten Schilderung von Inhalt und Entstehungsgeschichte der einzelnen Filme. Er will in die rätselhafte Gedankenwelt des David Lynch eindringen, und offenbar gab der Regisseur ungewöhnlich bereitwillig Auskunft über die Quellen seiner Inspiration, über die Herkunft seiner Einfälle aus Kindheitserinnerungen und Träumen, und über seine Liebe zur Malerei, die für Lynchs Arbeit große Bedeutung hat. Der völligen Entschlüsselung und definitiven Interpretation seines Werkes entzieht sich der Regisseur jedoch. David Lynch ist und bleibt der große Mystery Man des Kinos. –Stephan Fingerle