Wir treffen viele Schauspieler, die nur auf der Theaterbühne aktiv sind — und wenige, die auch auf der Bühne des täglichen Lebens agieren. Erika Pluhar, die im Vorjahr von den Brettern des Wiener Burgtheaters Abschied genommen hat, ist nicht nur Schauspielerin, Schriftstellerin und Sängerin, sondern längst eine öffentlich Person geworden, von der Engagement gefordert wird und die sich diesem Engagement keinesfalls entzieht. Davon zeugt ihr Buch Der Fisch lernt fliegen, das thematisch an die beiden autobiografischen Werke Marisa sowie Am Ende des Gartens anschließt. Es handelt sich dabei um Aufsätze, Briefe, Reden, politische Kommentare, manchmal auch nur Skizzen, die eine Frau zeigen, die zwar auch den Sog aus Angst, Furcht und Schmerz (der Tod ihrer Tochter) kennt, sich jedoch nicht von ihm wegschwemmen lässt, sondern mit Mut und Stärke dagegen ankämpft. Die Buchaufzeichnungen beginnen 1952 mit einem noch etwas kindlichen Brief an die ältere Schwester („Vor ein paar Tagen war ich mit Vatis Chef in Peer Gynt. Es war sehr schön, aber es ist so fürchterlich schwer, sich zu benehmen“) und enden auch mit einem Brief — an den damaligen Kanzler Klima („Ich hoffe auch, dass Du letztlich eine Regierung zustande bringst…“). Dazwischen handelt es sich um sowohl politische als auch emanzipatorische Texte an Vaclav Havel, Claus Peymann, Kanzler Vranitzky, Archim Benning, Jörg Haider, um Schreiben an Schauspielerinnen sowie Kritikerinnen. Erika Pluhar über Erika Pluhar: „Ich bin keine Politikerin, die in Detailfragen sattelfest ist. Ich bin jedoch eine aufmerksame Beobachterin politischer Vorgänge, deren Ursprünge ich immer in privatmenschlichen Verhaltensmuster sehe.“ Solche Beobachterinnen braucht das Land ganz dringend. –Elfriede Quell
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.