Andreas Veiels Der Kick ist das Dokument einer grausigen Bluttat, die 2002 die deutsche Öffentlichkeit schockierte: Drei Jugendliche aus der brandenburgischen Provinz hatten damals ohne erkennbaren Grund einen Gleichaltrigen grausam gedemütigt und misshandelt, bevor einer von ihnen ihm am Ende mit einem einer Filmszene nachempfundenen „Bordsteinkick“ gezielt das Genick brach. Der Kick wird zunächst mithilfe von Zitaten aus Interviews, Vernehmungsprotokollen und einzelnen Zeitungsnotizen rekapituliert, die Einblicke geben in den Alltag des Opfers, der Täter und ihres Umfelds, der gekennzeichnet ist von Alkohol und Gewalt, hilfloser Einsamkeit, dumpfen rechten Parolen und Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln. Auch wenn die von Wäldern, Wiesen und Seen umgebene 600-Seelen-Gemeinde Potzlow, wo die grausige Tat geschehen ist, Mitte der neunziger Jahre zum schönsten Dorf Deutschlands gewählt wurde: Vor dem inneren Auge des Lesers legt sich ein trüber Nebel über eine für hoffnungs- und perspektivlose Jugendliche ohnehin schon graue Landschaft. Es folgen Lebensläufe, genaue Protokolle der Tat und der Zeit danach und der Versuch, Zusammenhänge sichtbar zu machen, in denen die Tat gesehen werden muss, weil es, wie der Autor ganz richtig anmerkt, „nicht damit getan ist, eine ganze Region der Dumpfheit zu bezichtigen, um die Tat zu erklären“. Nach seinem gleichnamigen Theaterstück und dessen beeindruckender filmischen Adaption hat Andreas Veiel mit Der Kick ein nicht minder beachtenswertes Buch vorgelegt, das den Leser, wie zuvor schon die Theaterbesucher und Filmzuschauer fassungslos auf eine sinnlose Tat blicken lässt, deren bestialische Brutalität einzigartig erscheinen mag, die aber gleichwohl Ausdruck einer Verrohung ist, die leider keine Ausnahme ist. Umso wichtiger ist es, sehr genau hinzusehen. Der Dokumentarist Andreas Veiel hat genau dies getan. — Andreas Vierecke, Literaturanzeiger.de
— Dieser Text bezieht sich auf eine andere Ausgabe:

Taschenbuch
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