Nach dem ersten Regierungsjahr der Großen Koalition zieht Marc Beise Bilanz: Was ist geworden aus den angekündigten Reformen, die man sich mit der deutlichen Mehrheit der großen Volksparteien SPD und CDU/CSU durchzusetzen vorgenommen hatte? Nicht viel, lautet das ernüchternde Fazit des Autors. Weder in den Bereichen der Steuer-, Arbeitsmarkt- oder Familienpolitik und erst recht nicht in der Gesundheitspolitik hat es die von Angela Merkel geführte Koalition nach Ansicht Beises vermocht, die in sie gesetzten Hoffnungen auch nur ansatzweise zu erfüllen. Und so gehe es halt weiter, wie seit Jahren: „Flickschusterei, halbe Sachen, Widersprüchlichkeiten, Augenwischerei“. Weil, so Beise weiter, kaum eine der zahlreichen Reformen diesen Namen zu Recht trage und die Politik weitgehend versagt habe „bei dem Versuch, die einst so stolze Wirtschaftsnation auch in Zeiten immer härteren internationalen Wettbewerbs, die die Globalisierung mit sich bringt, zukunftsfähig zu machen, deshalb sind hierzulande die Probleme so groß“. Gewiss keine neue These. Doch wird man sich schwer tun, die wohl belegte Diagnose zu widerlegen. Die vom Autor als „das absolute Minimum“ bezeichnete Reformagenda bietet demgemäß auch nichts Neues. Das ändert aber nichts daran, dass die Lösung der darin formulierten Aufgaben tatsächlich immer drängender werden: In der Arbeitsmarktpolitik etwa die deutliche Senkung der Lohnnebenkosten, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes oder der so oft schon geforderte Bürokratieabbau, in der Sozialpolitik die Trennung der sozialen Sicherung von den Arbeitsverträgen oder der Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge und in der Finanzpolitik eine massive Vereinfachung des Steuerrechts im Verein mit einer effektiven Senkung der Steuerlast. Die Lektüre macht wenig Hoffnung, dass das „Elend der kleinen Schritte“, wie der Band treffend untertitelt ist, bald ein Ende haben könnte. Wer sich noch einmal in prägnanter Zusammenfassung vor Augen führen lassen will, wo es überall klemmt, ist mit dem Buch bestens bedient. Wer aber in der Tristesse dieser Zeit eine Aufmunterung nötig hat, sollte die Finger davon lassen. — Hasso Greb