Die Pest hatte auch vor Avignon nicht haltgemacht. Am Ostersonntag des Jahres 1348 betrauerte der Dichter Francesco Petrarca den Tod seiner geliebten Laura. In seinem „Canzoniere“, einer der bedeutendsten Gedichtsammlungen der Weltliteratur, sollte der unglücklich Verliebte ihr unnahbares und engelhaftes Wesen in edle Verse gießen. Beinahe 700 Jahre später scheint das literarische Liebespaar seine merkwürdige Entsprechung gefunden zu haben. Seit dem Unfalltod der Mutter führen Ulrik Hindersten und seine Tochter Laura ein spartanisches Leben in ihrem langsam verfallenden Holzhaus in Uppsala. Doch nun ist alles anders. Seit Tagen ist der Universitätsdozent und Petrarca-Forscher spurlos verschwunden. Was nun folgt, gleicht dem Auftakt einer Reise in den Irrsinn! Damit eines klar ist: Es erwartet Sie der vermutlich anspruchsvollste Thriller der Saison! Kjell Erikssons düstere schwedische Herbstsonate ist ein großes Stück Literatur und erfüllt so nebenbei alle Kriterien eines haarsträubenden Psychothrillers. Noch ahnt die Kripobeamtin Ann Lindell nichts von den seelischen und physischen Torturen, denen sie im Verlauf des neuen Falles ausgesetzt sein wird. Es gilt zwei rätselhafte Morde aufzuklären, die sich innerhalb weniger Tage in den Wäldern um Uppsala zutrugen. Zwei alte alleinstehende Bauern wurden hinterrücks erschlagen. Auf der Suche nach Täter und Motiv tappt Lindells Team lange im Dunkeln. Erst als das dritte Opfer, ein alter Pferdenarr, ermordet aufgefunden wird, denkt ein junger Polizist an ein legendäres Schachspiel! In einem heruntergekommenen Haus in Uppsala bricht sich derweil lange Verdrängtes Bahn. Eine 35-jährige scheint das Verschwinden des Vaters wie einen Befreiungsschlag zu feiern. Kein Italienisch mehr. Die verhasste Bibliothek wird abgefackelt, ein Arbeitskollege förmlich vergewaltigt. Anders als Petrarcas Laura, zeigt sich Laura Hindersten zusehens handfester und schlagfertiger. Quälend langsam webt Eriksson quälend Indizien zusammen und führt sein exzellent durchgezeichnetes Personal durch einen Morast menschlicher Verfehlungen, direkt hinein in den Wahnsinn. Am Ende dieser grausamen Sternennacht findet sich Ann Lindell — gleichsam als Widerhall der brennenden Peststädte des Mittelalters — in einem wahrhaft flammenden Inferno wieder. Auch dem Leser dürfte inzwischen mächtig heiß geworden sein. –Ravi Unger