Einleitung: Mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform hat der Deutsche Bundestag am 01.04.1999 die Einführung einer Ökosteuer in Deutschland beschlossen. Noch im gleichen Jahr ist die erste von insgesamt 5 Reformstufen in Kraft getreten, in deren Rahmen durch eine Erhöhung der Energiebesteuerung der Energieverbrauch in Deutschland und damit die daraus resultierenden Emissionen vermindert werden sollen. Mit den zusätzlichen Steuereinnahmen wird eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge und damit der Lohnnebenkosten finanziert. Die ökologische Steuerreform war sowohl im Vorfeld als auch in den ersten Phasen ihrer Realisierung aus verschiedenen ökologischen, ökonomischen und juristischen Gründen umstritten. Der Streit gewann an politischer Brisanz, als zu Beginn des Jahres 2000 die Importpreise für Mineralölprodukte durch den Anstieg der Weltmarkpreise für Rohöl und die Abwertung des Euro drastisch gestiegen sind. Dies hat unter anderem zu heftigem Widerstand bei Teilen der Wirtschaft und der Bevölkerung in Deutschland wie auch in anderen europäischen Ländern geführt. Von da an gab es kaum ein anderes Thema, das den Volkszorn in dem Maße auf sich zog und an dem sich die politischen Geister so stark schieden. Im Besonderen stellten die Opposition und Interessenvertreter der Industrie den Sinn und die wirtschaftliche wie soziale Zumutbarkeit der Reform in Frage und forderten ihre Aussetzung bzw. Aufhebung. Somit wurde die ökologische Steuerreform auch innerhalb der Koalition zum „hässlichen Entlein“ und damit zu deren unpopulärsten Reformobjekt, was sehr oft von der Opposition und den gegnerischen Medien polemisch und unsachlich für eigene Zwecke missbraucht wurde. Unglücklicherweise behalten nur noch wenige im emotionsgeladenen Streit um das Ob und Wie den eigentlichen Sinn dieses Themas im Auge. Um so schwieriger gestaltet sich die Aufgabe, der Bevölkerung Sinn und Nutzen einer solchen Steuer zu vermitteln und weitgehende Akzeptanz bei ihr zu gewinnen. So halten 53% der Deutschen die Ökosteuer für sozial ungerecht und 59 % empfehlen der Regierung sogar, von der weiteren Durchsetzung unbedingt abzusehen. Die hektische öffentliche Debatte hat inzwischen einer ruhigeren und sachlicheren Auseinandersetzung Platz gemacht. Und dies, obwohl am 1.1.2001 die dritte Stufe der ökologischen Steuerreform in Kraft getreten ist. Wenngleich nun andere Themen vorrangig das Politgeschehen beherrschen, bleibt die Ökosteuerproblematik ein ernstzunehmender umweltpolitischer Brennpunkt. Gerade in Anbetracht der jüngsten Aussagen des Bundeskanzlers über die unwahrscheinliche Fortführung der Ökosteuerreform bleibt es von höchster Bedeutung, dass Umweltbewusstsein in der Regierung und unter der Bevölkerung zu erhöhen und sie für die Notwendigkeit einer derartigen Steuer zu sensibilisieren bzw. zu mobilisieren. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht zum einen in der Vermittlung wesentlicher Fakten über die Historie, die Notwendigkeit und die tatsächliche Einführung von ökologischen Steuern in Deutschland und zum anderen in der sachdienlichen Auseinandersetzung und Einschätzung der Ökosteuerproblematik. Es soll darüber hinaus beurteilt werden, wie effizient und effektiv die ökologische Besteuerung als umweltpolitisches Instrument agiert. Gang der Untersuchung: Im 1. Kapitel soll der Leser zunächst mit dem Begriff „ ökologische Steuerreform“ vertraut gemacht werden, um weitere Sachverhalte besser zu verstehen. In Kapitel 2 erfolgt eine Untersuchung der Entwicklung der Ökosteuerdebatte. Dabei beziehe ich mich als Ausgangspunkt der Ökosteuerüberlegung auf die zwei Produktionsfaktoren Umwelt und Arbeit. Die derzeitigen Situationen der beiden Sektoren sowie ihre politischen Grundrisse werden aufgezeigt. Im 3. Kapitel wird die Notwendigkeit einer ökologischen Ausrichtung der Politik mithilfe von wissenschaftlichen Theorien fundiert. Empfehlungen der Wissenschaft werden diskutiert und verglichen. Welche Ansprüche eine erfolgreiche ökologische Steuerreform nach heutigem Wissenstand zu erfüllen hat, wird im 4. Kapitel aufgezeigt. Unter Bezugnahme bestimmter Kriterien wird deutlich, dass eine Reihe von Voraussetzungen gegeben sein müssen, um eine erfolgreiche Reform zu gewährleisten. Kapitel 5 gibt einen historischen Abriss der Ökosteuerdiskussion in Deutschland. Die konkrete Ausgestaltung der ökologischen Steuerreform in Deutschland seit 1999 ist Inhalt des 6. Kapitels. Die Kernaussagen der Gesetze „Einstieg in die ökologische Steuerreform“ und „Fortführung der ökologischen Steuerreform“ werden inhaltlich wiedergegeben und Sonderreglungen bzw. die sozialen Ausgleichsmaßnahmen eingehend beleuchtet. Das 7. Kapitel befasst sich mit den Auswirkungen der ökologischen Steuerreform in Deutschland. Hierbei ergibt sich jedoch insbesondere die Schwierigkeit, dass die exakten Auswirkungen der seit 1999 eingeführten Ökosteuer noch nicht genau analysiert werden können. Daher konzentriere ich mich hauptsächlich auf ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahre 2001, das mit Hilfe von ökonomischen Modellen die erwarteten Effekte der Reform berechnet. Die große Diskussion um die Ökosteuer und ihre vielfältigen Argumente ergeben den Schwerpunkt des 8. Kapitels. Durch die Wiedergabe der am häufigst genannten Kritikpunkte und deren Gegenargumentationen, soll versucht werden, einen neutralen Eindruck über die Debatte zu vermitteln. Bei dieser Untersuchung wird eine Unterteilung in Kritik der Ökosteuergegner und der Ökosteuerbefürworter vorgenommen, um die Verschiedenheit der einzelnen Argumentationsparteien zu verdeutlichen. In Kapitel 9 nehme ich eine persönliche Stellungnahme sowie eine Beurteilung vor. Wertneutral und distanziert von Parteilichkeiten werde ich Verbesserungsvorschläge bzw. eine kritische Einschätzung der erfolgten Umsetzung herausarbeiten. Hierzu beziehe ich zu den im 5. Kapitel genannten Ansprüchen an eine erfolgreiche Umsetzung Standpunkt. Abschließend erfolgt in Kapitel 10 ein Ausblick auf die Zukunft der ökologischen Steuerreform in Deutschland. Hierbei konzentriere ich mich hauptsächlich auf ihre Chancen für ein Fortbestehen. Ebenso werden Ideen für eventuelle Ausgestaltungsmöglichkeiten erörtert. Der Begriff „ökologische Steuerreform“ ist eine Wortschöpfung der umweltpolitischen Praxis und deshalb nicht genau abgegrenzt. Selbst in der Fachliteratur wird er sehr weit gefasst und unterschiedlich interpretiert. Daher werde ich zu Beginn meiner Arbeit mein persönliches Verständnis über das Wesen einer „ökologischen Steuerreform“ definieren und herausarbeiten. Unter einer Steuerreform versteht man im allgemeinen „eine wesentliche Umgestaltung eines bestehenden Steuersystems oder einzelner Steuerarten.“(Bertelsmann, Band17, S.161) Der Zusatz „ökologisch“ macht darauf aufmerksam, dass es sich dabei um eine Neugestaltung unter Einbezug des Gesamthaushaltes der Natur handelt. Folglich ist eine ökologische Steuerreform eine grundlegende und tiefgreifende Umgestaltung des Steuersystems, die durch die Erhebung von Umweltsteuern eine unter ökologischen Gesichtspunkten geführte Neuausrichtung des bestehenden Abgabensystems bewirken soll. Das DIW präzisiert den Grundgedanken einer ökologischen Steuerreform in der „ Erhebung von umweltpolitisch motivierten Lenkungsabgaben (…), deren Aufkommen zu wesentlichen Teilen eingesetzt wird, um unerwünschte Eigenschaften des bestehenden Steuersystems zu korrigieren“. Letzteres gestattet eine Abgrenzung zum Begriff „Einführung ökologisch motivierter Steuern“. Zieht man beide Zieldefinitionen heran, stellt man fest, dass es bei den „ökologisch motivierten Steuern“ alleinig um die Schonung der Umwelt geht, während das Herzstück der ökologischen Steuerreform in Deutschland die Realisierung einer doppelten Dividende ist. Demnach soll eine solche Reform nicht nur umweltpolitische sondern ebenfalls arbeitspolitische Vorteile bringen. Neben dem vorrangigen Ziel, die Umweltbelastungen zu vermindern, werden durch die Reform steigende Beschäftigungszahlen erwartet. Fragwürdig ist, ob man angesichts der im Rahmen der ökologischen Steuerreform schon umgesetzten Maßnahmen in Deutschland tatsächlich von einer Reform nach o.g. Definition sprechen kann. Darauf soll erst nach der Abhandlung des Themas in Kapitel 10 eingegangen werden.
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.