Achtung: kein Ratgeber! Eltern, die den Titel lesen und vielleicht denken, unter Anleitung von Brazelton und Greenspan die Klippen der ersten Lebensjahre ihres Kindes besser umschiffen zu können, bekommen dann doch zu wenig konkrete Hilfe geboten. Das Buch ist eher geschrieben als eine Art Grundverständigung all der sozialen Berufe, die irgendwie mit Kindern und Eltern in Berührung kommen: Ärzte, Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Geistliche, Lehrpersonal. Nicht zu vergessen die Politiker, die auf unterschiedlichen Ebenen für das Geld sorgen müssten: in den Gemeinden, auf Landes- und auf Bundesebene (das ist in den USA nicht anders als hier zu Lande). Die Verfasser stellen ein Handlungsmodell vor, das sich an Krisenpunkten der Kindesentwicklung orientiert (Touchpoints), dabei der Prävention Vorrang einräumt und sich in manchen Städten der USA bereits praktisch bewähren konnte. Konsequenz für den Leser: ein ungeheuer breites Themenspektrum. Mal geht es um Kinder aus Slum-Verhältnissen, denen einigermaßen gesunde Zustände zu schaffen sind, dann wieder um die Sorge, dass die Wohlstandssprösslinge des hart arbeitenden Mittelstandes nicht zu oft zum Ballettunterricht müssen und keine Zeit mehr zum Spielen haben. Im ersten Fall fühlt man sich in ein Fachbuch der Sonderpädagogik versetzt, im zweiten Fall in einen wohlmeinenden (aber ein wenig pauschalen) Artikel in Psychologie heute. Fazit: Wer sich unterrichten möchte, was in den USA von Kapazitäten der Kinderpsychologie gegenwärtig zu den Zuständen gedacht und vorgeschlagen wird, auf die Kinder dort treffen, sollte zu diesem Band greifen. Die Erfahrung lehrt ja bekanntlich: Mit 15 Jahren Verzögerung kommt es bei uns stets genauso wie drüben. –Michael Winteroll
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.