In Deutschland hängt jeder siebte Arbeitsplatz und jeder vierte Euro aus Steuereinnahmen vom Automobil und seinem Gebrauch ab. Die Automobilindustrie ist eine Schlüsselbranche für die deutsche Volkswirtschaft. Doch ist ihre Stellung nicht unangefochten; die Branche ist unter Druck geraten. Der Kostendruck wächst, weltweite Überkapazitäten bedrohen die Profitabilität, und die Arbeitsproduktivität der deutschen Hersteller ist im internationalen Vergleich gesunken. Diese Warnsignale sind jedoch nur Vorboten eines tief greifenden Wandels, der die Automobilbranche grundlegend umkrempeln wird. Seit jeher ist die Automobilindustrie Motor des Wandels in der industriellen Fertigung. Nach der Einführung der Fließbandproduktion durch Henry Ford und der schlanken Fertigung durch Toyota steht der Automobilindustrie nur eine dritte Revolution bevor: Die traditionelle Wertschöpfungskette wird aufgebrochen; ein fundamentaler Wandel zeichnet sich ab: „Der Übergang der Branche weg von einer rein funktionalen hin zu einer wissens- und kompetenzgetriebenen Arbeitsteilung und Wertschöpfungsstruktur.“ Deren Konturen zeichnen sich bereits ab: Die Wertschöpfung wird zwischen Herstellern und Zulieferern neu aufgeteilt; neue Formen der Zusammenarbeit entstehen. Die Hersteller werden sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, sich also auf Design, Systemintegration und Markenpflege fokussieren. Die Zulieferer erhalten ein größeres Gewicht bei der Innovationsentwicklung und einen größeren Anteil an der Wertschöpfungskette. Zugleich verschieben sich bei der Mitarbeiterzahl die Gewichte von den Herstellern zu den Zulieferfirmen. Die Beschäftigtenzahlen in der Branche werden insgesamt zurückgehen. Der Trost: „Die Autokäufer werden bessere Autos mit mehr Funktionalitäten erhalten.“ Kurzum: „In den kommenden 10 bis 15 Jahren wird sich die automobile Welt vollkommen neu aufstellen“, prophezeien die Autoren der Studie Die smarte Revolution in der Automobilindustrie, die in einer Kooperation zwischen der Unternehmensberatung McKinsey & Company und der Technischen Universität Darmstadt entstanden ist. Die Autoren Philip Radtke, Eberhard Aberle und Andreas E. Zielke wagen nicht nur einen Ausblick auf die kommenden Umwälzungen, sondern wollen auch „eine Orientierungshilfe auf dem Weg zur künftig wissensbasierten Wertschöpfungsarchitektur bieten“. Denn von der Wahl der richtigen Strategie hängt die künftige Position der Unternehmen im Marktgeschehen ab. –Winfried Kretschmer