Über die DDR und über ihr Ministerium für Staatssicherheit ist viel geschrieben worden; Christian Bergmann geht es nicht um Vergangenheitsbewältigung individueller Natur, sondern um ein übergreifendes Thema: Er arbeitet Charakteristika der Stasi-Sprache heraus, um zu zeigen, wie sich Geisteshaltung und Weltbild ihrer Benutzer manifestierten. ‚Sprache drückt immer auch etwas über den aus, der sie gebraucht.‘ An vielfältigen Beispielen wird dargestellt, wie Menschen zu Gegenständen herabgewürdigt werden und wie grammatische Verschiebung zugleich Enthumanisierung indiziert. Besonders auffällig zeigt sich dies, wenn Verben, die eigentlich eine Sache als Objekt fordern, plötzlich im Zusammenhang mit Menschen gebraucht werden, wenn etwa ‚zielgerichtet an einer negativen Person gearbeitet wird‘. – Schon Dolf Sternberger, auf den sich der Autor ausdrücklich beruft, stellte fest, daß die offizielle Sprache totalitärer Staaten von derartigem Sprachgebrauch bestimmt wird. Das die Analysen stützende sprachliche Material entstammt Täter- und Opferakten, Richtlinien und Durchführungsbestimmungen, Befehlen und Lageberichten sowie Dokumentationen des MfS der DDR. Christian Bergmann gelingt es eindrucksvoll, sprachwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden als Erklärungsmuster zu nutzen und dadurch gesellschaftliche Verhältnisse transparent zu machen.