Keine Zeit, nur Hektik, Druck und Stress! So empfinden viele Menschen ihr Leben, nicht zuletzt wegen des schnellen Wandels. Und doch, so erinnern Jörg Knoblauch und seine Kollegen, haben wir deutlich mehr Zeit, als wir denken und als frühere Generationen hatten. Die Lebenserwartung ist gestiegen, die Lebensarbeitszeit dramatisch gesunken, die Arbeitszeit pro Woche wäre unseren Vorfahren wie das Paradies vorgekommen. Ein wichtiger Teil ihres Buchs ist dem Umdenken gewidmet, dem Sich-bewusstmachen dieses Zeitreichtums. In den anderen Teilen erklären Knoblauch et al, wie man sein Zeitmanagement optimiert und seine Zeithorizonte plant. Leider in zuweilen etwas salbungsvollen Ton, aber mit durchaus nützlichen Tipps. Die Erfahrung zeigt, dass man sich für das, was einem wirklich wichtig ist, Zeitinseln schaffen kann. Keine Zeit steht, so die Autoren, für “Das ist mir nicht wichtig genug, ich nutze meine Zeit lieber für andere Dinge.” Von diesem Ausgangspunkt aus lernt der Leser, wie er sich geschützte Zeiten der Ruhe nehmen kann und beispielsweise einen persönlichen Ruhe- und Gewohnheitsplan erstellt. Eine andere Übung ist, aufzulisten, wo der Druck und die Ansprüche überhaupt herkommen. Hat man das analysiert, kann man beginnen, Belastungen gezielt abzubauen und auf die Entschleunigung hinzuarbeiten. Ziel: das rechte Maß zu finden, Grenzen zu setzen und zu respektieren, einen “Wohlfühlkorridor” zu schaffen. Ausführlich gehen die Autoren im eher konventionellen Mittelteil des Buchs auf das Thema Planung und Ziele ein: wer definiert, was er an einem Tag erledigen möchte — oder in der Woche, dem Monat, dem Quartal, dem Jahr — der steuert gezielter darauf zu. Doch effektiv zu arbeiten reicht allein nicht, um Zufriedenheit zu finden. Knoblauch et al. legen Wert darauf, dass Zeitmanagement mehr ist als Effektivität — auch die Lebensqualität soll stimmen. In weiten Teilen ist Ein Meer an Zeit ein Work-Life-Balance-Buch, in dem es auch um Ziele, Träume, Flow-Gefühle, die persönliche Balance geht. Und zur 5. Generation von Zeitmanagement gehört auch das, wofür die Autoren das Kunstwort “Shared-Life-Balance” bemühen: wie gestalte ich meine Zeit im Zusammenspiel mit anderen? Einen ganzen Teil ihres Buches widmen die Autoren diesem Thema. Denn es ist ja schön und gut, wenn man durch ausgefeilte Planungen Zeit gewinnt — aber wenn man die dann hirntot vor dem Fernseher vertrödelt, bleibt das Wohlbefinden in weiter Ferne. Stattdessen gilt es diese Zeit zu “veredeln”, also zum Beispiel für bessere Kommunikation zu nutzen, sich zu engagieren oder ein besserer Mensch zu werden. Klingt gut, oder nicht? — Nina Hesse