Van Diemens Land, bekannter heute unter dem Namen Tasmanien, war ein im 19. Jahrhundert unseliger Ort. Für unzählige Häftlinge besiegelte sich auf Englands „Teufelsinsel“ am anderen Ende der Welt häufig unter Folter und Qualen ihr Schicksal. Einer dieser Verdammten jedoch, wegen geringfügiger Vergehen zu lebenslanger Haft verurteilt, zeichnete seinen Leidensweg auf ganz besondere Weise nach. Im Tasmanien unserer Tage stößt Sid Hammett, ein kleiner Antiquitätenfälscher, auf einem seiner Streifzüge auf die merkwürdige Hinterlassenschaft eines anderen Kunstfälschers. Das „Buch der Fische“ eines gewissen William Buelow Gould, birgt nicht nur wundervolle, akribisch hingetupfte Aquarelle der tasmanischen Fischwelt — mit Blut, Eiter und anderen, dem eigenen Körper abgerungenen „Tinten“, hat der ehemalige Häftling auch ein Erinnerungswerk aus unheilvoller Zeit niedergelegt. Tiefer und tiefer zieht es Hammett hinein in die (auch in diesem Buch farbig gedruckten) dunkelsten Kapitel britischer Kolonialzeit. Bald dämmert dem Verwirrten, dass ihm der Aufstieg aus den ozeanischen Seelentiefen Goulds niemals mehr gelingen wird. Eine merkwürdige, suggestive Robinsonade von beinahe Melville’schen Dimensionen, festgehalten in zwölf Kapiteln, die Gould sämtlich mit den Namen seiner Lieblinge — Drückerfisch, Kelpy und Himmelsgucker — versah. Irisierend, voller Spiegelungen und Déjà-vus, treibt der Tasmanier Richard Flanagan seine Saga über die brutale Kolonialherrschaft auf beinahe metaphysische Ebenen. Als Gould nach Sarah Island verlegt wird, einem Vorposten der Hölle und des Wahnsinns, und dort dem mehr als skurrilen Anstaltsarzt Dr. Lempriere in die Hände fällt, beginnt die eigentliche Mission des Gauners und Gelegenheitsmalers — das Werk des verrückten Billy Gould über die Fische als Hüter der Mysterien des Lebens. Es sollte ihn unsterblich machen. Die verstörende Geschichte des unglückseligen Billy Gould, 1831 auf der Flucht von Sarah Island ertrunken, der unerfüllten Liebe zur schwarzen Schönheit Sally Twopence — schließlich seiner noch heute erhaltenen, mit Blut, Schweiß und Tränen erkämpften Bilder, wird noch lange im Leser nachhallen. –Ravi Unger