Für Mein deutsches Dschungelbuch ist Wladimir Kaminer kreuz und quer durchs Land gereist. Jetzt ist er wieder in Berlin und berichtet von kuriosen Alltäglichkeiten links und rechts der Schönhauser Allee und dem Dasein als Familienvater. Da gibt es für „Das sexuelle Leben der Marfa K.“, einer Siamkatze, ebenso Raum wie für Sohn „Sebastian und die Ausländerbehörde“ oder den liebenswert zynischen Vater, „der, obwohl schon seit über zehn Jahren in Deutschland, immer noch nicht gelernt hat, ohne Grund zu saufen“. Und nicht nur, wenn Besuch aus Russland kommt, bietet sich ein Vergleich zwischen Ost-Berliner und osteuropäischen Gepflogenheiten an, zum Beispiel was die „Service-Mentalität“ oder Gesundheitsfragen betrifft: Russen wollen beim Arzt „kein ‚Kardiogrammchen‘ und keinen ‚Kommen-Sie-morgen-wieder‘-Unsinn hören, sondern fordern ihre ultimative Heilung — sofort.“ Inzwischen unter dem Namen Kamjenier offiziell eingebürgert („Deutscher Pass“ — fast schon eine Reportage), spielt der Russen-Deutsche natürlich weiterhin mit dieser doppelten Perspektive und mit der deutschen Sprache, für ihn „eine Art Lego-Baukasten, in dem alle Teile zueinander passen“. Klein und bunt wie Lego-Gebilde sind auch die Geschichten, die oft eher Glossen sind und den roten Faden ebenso zuverlässig verlieren wie Kaminers Balkonblumen den Kampf gegen „Die Raubpflanze“. Längst nicht alles passt zueinander, trotzdem bereichert Ich mach mir Sorgen, Mama Kaminers Kiez-Kosmos um einige neue funkelnde Mosaiksteine. Die literarischen Fünf-Minuten-Terrinen sind ideale U-Bahn-Lektüre, am besten in der Hörbuchversion. Achten Sie aber bitte in jedem Fall auf Ihre Umgebung: Kaminer-Figuren gibt es auch in Kiel, Dortmund oder Mannheim. Mit etwas Glück trifft man sogar ein Pendant zu seiner persönlichen „Miss Prenzlauer Berg“. –Patrick Fischer