Die Geschichte beginnt mit einem Akt der Blutrache, nämlich dem Mord an der Urgroßmutter der Erzählerin vor mehr als hundert Jahren — und endet im heutigen Berlin, wo diese schließlich eine neue Heimat fand. Im Mittelpunkt dieser Schicksalserzählung stehen drei außergewöhnliche Frauen und deren Wille, sich auch unter härtesten Bedingungen zu behaupten und ihre Freiheit in einer oftmals feindseligen Umwelt zu bewahren. Ihr Lebensweg war für Autorin Mariam Notten, wie sie in ihrem Nachwort bekennt, vorbildlich und Anlass für die Niederschrift dieser sich über vier Generationen erstreckenden Familiengeschichte. Obwohl Afghanistan nach den Anschlägen vom 11. September und dem anschließenden Feldzug der USA wieder ins Licht der Weltöffentlichkeit rückte, ist es hier zu Lande ein wenig bekanntes Land. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Afghanistan sehr lange — auch in den düsteren Zeiten des Zweiten Weltkriegs — außergewöhnlich gute Beziehungen zu Deutschland pflegte. Jetzt können Leser interessante Informationen über das geheimnisvolle Land erfahren, denn Mariam Notten erzählt davon in ihrer neuen Geschichte. Zwar wurde die in Berlin lebende Autorin von der Schriftstellerin Erica Fischer, die vor allem durch ihren Roman Aimée und Jaguar bekannt geworden ist, unterstützt. Doch wird man dieses Buch gewiss nicht wegen seiner literarischen Qualitäten empfehlen: Eher einfallslos wird die Geschichte erzählt, und sehr stark ist ihr Stil von der Sprache und dem klischeehaften Weltbild von Lifestyle-Magazinen geprägt. Von größerem Interesse sind dagegen die vielen in die Haupterzählung eingeflochtenen Exkurse zur Geschichte und Kultur Afghanistans. So erfährt man eine Menge über die afghanische Stammeskultur und ihre Traditionen, von den schwierigen Versuchen, in diesem Land nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft moderne gesellschaftliche Strukturen zu etablieren, bis zu den Entwicklungen, die zum Einmarsch der sowjetischen Truppen führten und schließlich in die Schreckensherrschaft des Taliban-Regimes in den 90er-Jahren mündeten. Wer über diese historischen Hintergründe ein wenig mehr wissen will, dem sei das Buch empfohlen. –Jens Kertscher
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.