Seit der vielbeachteten SPD-Kampagne 1998 wird in der Wahlkampfforschung betont, dass sich die Wahlkämpfe verändert, d.h. modernisiert, amerikanisiert oder professionalisiert, haben. Die These der Professionalisierung, die zunehmende Inszenierung, Emotionalisierung und Personalisierung der Werbebotschaften, negative campaigning und den Einsatz externer Beratung umfasst, blieb jedoch bisher ohne empirische Überprüfung. Yvonne Kuhn zeigt, dass all diese Aspekte bereits für die Bundestagswahlkampfplanung und -durchführung der etablierten Parteien in den Jahren 1953, 1965, 1976 und 1987 maßgeblich relevant waren. Auch auf Unterhaltung und Dramatisierung zielende Inszenierungen, die rationale politische Sachinhalte ins Abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit zurückdrängen, gehörten bereits zum Wesen früherer Wahlkämpfe. Die Veränderung resultiert vielmehr aus der Erfahrung der SPD-Kampagne 1998, dass mit der Wahlkampforganisation selbst eine Medienkampagne betrieben werden kann. Hierzu zählt die Behauptung, die eigenen Inszenierungen fachmännisch zu steuern bzw. steuern zu lassen. Seither gilt ?Professionalisierung? als Anzeichen für Innovationsfähigkeit und die Wahlwerbung als Visitenkarte einer Partei. Das wirklich Neuartige am heutigen Wahlkampfstil ist das Bestreben, die Medien dazu zu bewegen, über die vermeintliche Professionalität der eigenen Kampagne zu berichten.