Wir sind ständig damit beschäftigt, Entscheidungen zu treffen: Angefangen bei der wahrscheinlich häufigsten Entscheidung unseres Lebens – etwa 3 Mal pro Sekunde entscheiden wir, wohin wir unseren Blick bewegen – bis hin zu der (weniger häufigen) Frage, welches Auto wir kaufen oder wen wir heiraten sollen. Doch wie verarbeitet das Gehirn Bewertungen, und wie schlagen sich diese Bewertungen in Werten nieder, die uns beim Handeln leiten wie die Grammatik beim Sprechen? Und wenn Werte und Erfahrungen das Gerüst für Entscheidungen und Handeln bilden, wie zuverlässig sind diese als Kompass für den Alltag oder als Seismograph in Hinblick auf bevorstehende Veränderungen? Manfred Spitzer hat sich der Frage angenommen, wie das Gehirn unsere Entscheidungs- und Denkvorgänge und schließlich unser Handeln steuert, und damit ein Buch geschrieben, das alle, die über ihr eigenes Tun reflektieren, brennend interessieren sollte! Der Autor macht zunächst mit einigen Grundlagen und Erkenntnissen der Neurowissenschaft vertraut – also keine Angst vor Fachbegriffen! Auch wenn der Plauderton und die zahlreichen Anekdoten aus dem persönlichen Erfahrungsschatz des Autors das Thema anfangs etwas verwässern, sind wir nach den ersten Kapiteln gerüstet, um mit Manfred Spitzer auf eine spannende Reise durch die aktuellsten Forschungsgebiete der Neurowissenschaft zu gehen. Dabei wird übrigens auch neueste Fachliteratur einbezogen, so dass sich hier nicht nur dem Laien eine interessante Lektüre bietet. Wir erfahren etwas über die Entwicklung des Gehirns und den Einfluss von genetischer Veranlagung und Umwelt (z.B. Stress), lernen aus kuriosen Fallgeschichten beispielsweise über die Bedeutung von Emotionen für Bewertungsprozesse, und lesen schmunzelnd die Ergebnisse eines Experiments, das endlich zeigt was wir schon immer wussten: Männer mögen schnelle Autos – sowohl die visuellen Areale im Gehirn als auch das „Lustzentrum“, der Nucleus accumbens, sind beim Betrachten von Sportwagen aktiver als bei Kleinwagen. Wirklich um Entscheiden geht es dann jedoch erst im dritten Teil des Buches. Am Beispiel der Greifbewegung wird erläutert, wie wir uns den Ablauf eines Entscheidungsvorgangs auf Ebene der Nervenzellen vorzustellen haben. Die Neuroökonomie, mit der sich Manfred Spitzer anschließend auseinandersetzt, zieht Prinzipien der statistischen Zukunftsvorhersage aus der Wirtschaftswissenschaft zum Verständnis neuronalen Entscheidens heran, andersherum befasst sie sich mit den biologischen Grundlagen ökonomischer Entscheidungen. Solche Exkurse in andere Wissenschaftsgebiete und -traditionen erleichtern das Verständnis komplexerer Gedankengänge und erreichen eine Synthese bislang isolierter Perspektiven. So auch bei der Diskussion der Frage, ob der Mensch als frei zu verstehen sei, selbst wenn das Gehirn und die Natur um ihn herum einem deterministischen Regelwerk folgen. Was lehrt uns die Lektüre dieses Buches und warum sollten wir es lesen? Der Autor stattet seine Leser mit Wissen und Argumenten und nicht zuletzt mit Fragen aus, die uns helfen können, die neuen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Neurowissenschaften zu verfolgen und besser einzuordnen. Darüber hinaus leistet das Buch auch einen ganz persönlichen Beitrag, denn nur wenn wir verstehen, wie und warum wir handeln und welche Fehler wir dabei machen können, haben wir eine Chance, die Frage danach, was wir tun sollen, sinnvoll und besser als bisher zu beantworten! –Miriam Spering