Im Oktober 2008 fand an der HS Mittweida der Kongress Soziale Arbeit & Region statt. Dieser war eine Gemeinschaftsveranstaltung der sechs sächsischen Universitäten bzw. Hochschulen, an denen Soziale Arbeit gelehrt wird. Es war das erste Mal, dass sie sich zu einem solch kooperativen Projekt zusammenfanden und es sollte der Auftakt zu einem intensiveren Dialog mit der Praxis Sozialer Arbeit in Sachsen sein. Region und Regionalität haben als Begriffe und Schlagworte im Rahmen von Wirtschaft, Politik, Ökologie und Kultur in den vergangenen Jahren Konjunktur. Sie stehen in einer Spannung zu Globalisierungsprozessen, die mit ihren wirtschaftlichen, medialen und ökologischen Entgrenzungen und Modernisierungen das Regionale auf das Provinzielle und Marginale zu reduzieren und die konkrete Lebenswelt in ihrer Bedeutung zu tilgen scheinen. Doch das Regionale, welches immer an konkrete räumlich-zeitliche Koordinaten gebunden ist, markiert sogleich den Raum , in dem sich allgemeine Modernisierungs- und Globalisierungseffekte auf je spezifische Weise realisieren und durchsetzen. Das macht Regionen zu Konkurrenten um Alleinstellung, zu Gewinnern und Verlierern der Globalisierung. Darüber hinaus sind Regionen auch Räume des Besonderen , in denen Gegenstrategien zu Globalisierung und Modernisierung entworfen, Eigensinn und Identität produziert werden. In die Praxis und Theorie Sozialer Arbeit hat Region bislang kaum Eingang gefunden. Welchen Stellenwert der regionale Bezug für sozialarbeiterisches/-pädagogisches Handeln hat, welche Bedeutung dieses wiederum für die Region hat; inwieweit also die Soziale Arbeit als eine regionale Akteurin oder als eine Akteurin des Regionalen auftritt, sind grundlegende Fragen, die nach theoretischer Verständigung verlangen. Es sind aber auch Fragen, die praktische Vergewisserung brauchen. Die Diskussionen haben sich dabei auf drei Schwerpunkte bezogen: Erstens wurde den spezifischen regionalen Bedingungen im Bundesland Sachsen nachgegangen, mit dem Fokus, was diese für die Adressant/inn/en Sozialer Arbeit bedeuten. Wie sind die Lebenslagen unterschiedlicher Adressat/inn/engruppen situiert und deren Lebenswirklichkeit strukturiert? Was weiß die Soziale Arbeit über ihre Region und was die Region über die Soziale Arbeit? Sind ihre Hilfs-, Unterstützungs- und Förderangebote den realen Bedarfen und Bedürfnissen der Betroffenen vor Ort angemessen? Zweitens galt der Blick den Akteur/inn/en und Institutionen Sozialer Arbeit. Schließlich müssen diese die Modernisierungsrisiken mit den regionalen Möglichkeiten und Grenzen zur Sicherung der eigenen professionellen Handlungsfähigkeit verknüpfen. Inwieweit es ihnen dabei gelingt, die gesellschaftlichen und professionellen Aufträge mit den ökonomischen Rationalitäten zu verbinden und diesen nicht einfach zu opfern, wie sich die durch Umstrukturierung entstandenen Vervielfältigungen und Konkurrenzen der Träger mit dem Gebot der Kooperation im Interesse der Betroffenen verbinden lassen, waren Fragen, die die vitalen Interessen der Träger und Institutionen betrafen. Und schließlich drittens lenkte dies alles den Blick auch auf die Hochschulen und deren Akteursrolle. Auch sie sollen neuerdings ihren Auftrag global zwischen Europäisierung und regionalen Ausbildungsbedarfen in der Matrix von Bachelor- und Masterstudiengängen realisieren. Sie müssen sich stärker einer ökonomischen Rationalität unterwerfen, diese in der Konkurrenz mit und gegen andere Hochschulen um Alleinstellung zugleich nutzen. Aber sie müssen sich auch kooperativ verständigen, gerade weil es um die gemeinsame Aufgabe geht, in der Ausbildung Professionalität als Habitus und praktische Handlungsfähigkeit zur Bewältigung eines sozialarbeiterischen/-pädagogischen Alltags zu verbinden. S. Busse, G. Ehlert