Wann sollen Deutsche sterben? Vor vier Jahren hatte die Große Koalition den gesetzlich vorgeschriebenen Todeszeitpunkt auf 67 festgelegt. Kein Jahr zu früh, befand die Mehrheit aller Jüngeren, die genervt ist von der Gewalttätigkeit, dem Geruch und dem Musikgeschmack deutscher Greise. Experten rechneten aus, dass die Rentenkasse schon 2015 komplett saniert wäre, wenn die neue Regelung konsequent angewendet würde. Die Aktien der Hersteller von Giften, Einwegspritzen und Bolzenschussgeräten stiegen. Doch jetzt wird dieser Kompromiss, mit dem alle gut leben und viele gut sterben konnten, plötzlich wieder in Frage gestellt. Den einen kommt der Tod mit 67 zu früh, die anderen finden, dass weniger Lebensjahre sozial gerechter sind.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht in dem Gesetz „einen hinterlistigen Anschlag zur Vernichtung der Sozialdemokratie“. Bereits die Wahlniederlage 2009 sei darauf zurückzuführen gewesen, dass der SPD durch das neue Gesetz viele potenzielle Wähler abhanden gekommen seien. Gabriel: „Ende Sechzig kommen ja die meisten Menschen in das Alter, wo sie überlegen, zum ersten Male SPD zu wählen.“ Bei einer konsequenten Einhaltung der Deadline 67 wären viele sozialdemokratische Ortsvereine von der kompletten Auslöschung bedroht.
Gabriels Vorgänger als SPD-Chef, Kurt Beck, plädiert dagegen schon seit Jahren für einen viel früheren Gnadentod – aus Gründen der Menschlichkeit. Ein Ableben erst mit 67 sei einem Dachdecker nicht zuzumuten, denn dieser Beruf sei so anstrengend, gesundheitsschädlich und unfunky, dass bereits Vierzigjährige sich mit Selbstmordgedanken quälen würden. Deshalb dürften nicht alle Berufe gleich behandelt werden. Beck: „Den feinen Pinkeln in den Büros macht es vielleicht nicht so viel aus, ein paar Jahre länger zu leben, aber den körperlich Malochenden muss man einfach erlauben, schon früher die Kelle aus der Hand zu legen.“