Jede Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur wird stets von der Gefahr begleitet, dem exotisierenden Blick zu erliegen. Im Fall von Marokko und Marrakesch geschieht das umso leichter, da sich in das eigene Erleben das Vorwissen um die Sichtweisen anderer Europäer mischt, die das Land bereist und es nach ihren Vorstellungen als Repräsentation des Fremden konstruiert haben. Doch radikal anders als Elias Canetti, der die vorgefundene Welt Marrakeschs in eine meisterhaft und daher so einprägsam gestaltete Folie verwandelt, gibt Michael Fisch, soweit es irgendwie geht, die kulturelle Distanz auf, lässt sich rückhaltlos auf das Vorgefundene ein. Zwischen drei Polen changiert der Roman „Khamsa oder Das Wasser des Lebens“: zwischen der Erzähl- und Handlungsebene, der Reflexionsebene (auf das, was einmal war) und der Chronikebene (die auflistet, was kommen wird). Im Mittelpunkt steht das erzählende Ich, welches die Ebenen – in fünfzig Kapiteln – bis zu seiner Abreise miteinander verknüpft. Neben drastische Homosexueller Begierde, deren Heftigkeit an Jean Genet erinnert, treten zeitpolitische Bezüge oder Reflexionen zu Roland Barth, Michael Foucault, Hubert Fichte. Eine Deutung und Bewertung des Beschriebenen wird nicht angestrebt, zu sehr ist der Roman in seiner Vielstimmigkeit den Grundsätzen des Nouveau Roman verpflichtet.