Es ist nicht leicht, die Tochter eines Auschwitz-Überlebenden zu sein – vor allem nicht, wenn der verwitwete Vater im hohen Alter beschließt, sein Leben nochmal selbst in die Hand zu nehmen. Wenn dann zu allem Überfluss Freunde und Verwandte seinen Plan (ohne gastronomische Kenntnisse ein Klopsrestaurant in New York eröffnen) und seine neue Freundin (großbusige polnische Witwe mit Lotterie-Greencard) auch noch großartig finden, hat man eine Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs. Für sich gesehen ist „Chuzpe“ ein herrlich spinnerter Roman über die übertherapierte, kopflastige und verklemmte, in ihrer unbeholfenen Kontrollsucht dennoch liebenswerte Ruth Rothwax. Hat man aber Bretts Debütroman gelesen, weiß man, dass niemand zufällig Edek, Rooshka, Sonia oder Zachary heißt. Die Autorin bedient sich ungeniert am Figurenstamm ihres Erstlings „Einfach so“ – selbst Ruth ist eigentlich dessen Protagonistin Esther. Brett gibt den Menschen einfach eine neue Geschichte, und doch kann keiner aus seiner Haut. Ein Experiment, das gelingt. (kab)
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