Niemand hat es je getragen, wenige nur bekamen es überhaupt zu Gesicht. Besonders schön dürfte es auch nicht gewesen sein, wie nachträglich gefundene Entwurfzeichnungen vermuten lassen. Jahrelang hatten die beiden deutschen Goldschmiede die schönsten Diamanten aus ganz Europa zusammengerafft, um daraus das teuerste Schmuckstück der Welt zu schaffen. Ludwig XV. galt ihnen als idealer Käufer des protzigen Kolliers. Doch der war 1774 unter dem Jubel des Volkes verstorben, seine Dubarry im Exil. Blieb schließlich nur noch eine Hoffnungsträgerin für den schweren Klunker, Marie Antoinette, die junge österreichische Gemahlin Ludwigs XVI., die in Brillanten förmlich zu baden pflegte. Dass der ominöse Halsschmuck in Kürze die gesamte französische Monarchie baden gehen ließ, ahnte zu diesem Zeitpunkt niemand. Ein Zipfelchen Weltgeschichte, von Antal Szerb zum Gegenstand einer wunderbaren Erzählung erhoben. Der Literaturprofessor Antal Szerb wird gerade weltweit wiederentdeckt. Endlich, möchte man sagen! Szerb (1901–1945), dessen kurzes Leben auf tragische Weise in einem Internierungslager der Nazis endete, muss endlich in den Kanon der Weltliteratur aufgenommen werden. Seine Pendragon-Legende ebenso wie die bereits in Elke Heidenreichs ZDF-Büchersendung „Lesen!“ hochgelobte Reise im Mondlicht. Auch die „Halsbandaffäre“ darf hinzugezählt werden. Szerb — darin ähnelt er dem einfühlsamen Romanbiografen Stefan Zweig — schafft es, Geschichte unmittelbar erfahrbar und spürbar werden zu lassen. So auch in dem adligen Intrigantenstadel, der am Ende in die Französische Revolution führte. Nachdem die ungeliebte Königin Marie Antoinette die teure Halszier ablehnt, um ihr darbendes Volk nicht zu vergrätzen, erscheint die Marquise de la Motte — frühere Jeanne de Valois — auf der Bühne des Weltgeschehens. Als geborene Ränkespielerin ist sie die Schlüsselfigur eines Plots, der in Frankreich das Fass beim Volk zum Überlaufen und zahlreiche hochrangige Figuren in die Bastille bringt. Adel und Klerus werden im Orkus der Geschichte hinweggespült. Ludwig XVI. wird im Januar 1793 hingerichtet, seine Gattin folgte ihm, als „Witwe Capet“ verspottet, wenige Monate später. Wieder zum Leben erweckt hat sie kein Geringerer als Antal Szerb. –Ravi Unger