Einen Liebesroman hätte man von niemandem weniger erwartet als ausgerechnet von Sibylle Berg. Dabei ist ihre Heldin eigentlich typisch Berg: „Ich misstraute der Liebe zutiefst. Ein Marketinginstrument, um Waschmittel zu verkaufen.“ Erst mit Mitte 40 hat ihr verzweifeltes Singledasein ein Ende, und sie trifft den einen, den sie einfach nur den Mann nennt. Doch das Glück ist nicht von Dauer. Irgendwo in China verschwindet der Mann beim gemeinsamen Inselurlaub plötzlich spurlos. Sibylle Berg lässt ihre Ich-Erzählerin auf verschiedenen Zeitebenen berichten, die sie gegen- und ineinander laufen lässt: vor der Liebe, verliebt, nach der Katastrophe. So kann die Heldin wunderbar mit der ganzen Welt granteln und schon ein paar Absätze weiter erklären, warum Liebe denn nun plötzlich doch funktioniert, in ihrem Fall aber nichts mit dem so verhassten Paarungsgekreische zu tun hat. „Der Mann schläft“ hat also alle Pluspunkte der bisherigen Berg-Bücher zu bieten. Und zusätzlich darf man bei dem bewährten Gemisch aus Melancholie und Boshaftigkeit zum allerersten Mal auf ein Happy End foffen. Theoretisch zumindest. (cs)