Copyright: Aus Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg Verlag) Ruf der WildnisOT The Call of the Wild OA 1903 DE 1929Form Roman Epoche ModerneDer Kurzroman Ruf der Wildnis, dem Jack London sein Ansehen als international bekanntester US-amerikanischer Schriftsteller seiner Zeit verdankte, gilt noch heute als das gelungenste Werk des Autors. Wie in der zuvor erschienenen Kurzgeschichtensammlung Der Sohn des Wolfes (1900) und dem später veröffentlichten Roman Wolfsblut (1906) konnte London auch in Ruf der Wildnis auf seine 1897/98 gesammelten Erfahrungen als Goldgräber in Alaska zurückgreifen. Thema dieses Buchs, das die Evolutionstheorie von Charles R Darwin sowie die Theorie des »Survival of the Fittest« von Herbert Spencer (1820–1903) parabelhaft in einer Tiergeschichte verarbeitet, ist das Wiederaufleben verloren geglaubter, in der Wildnis überlebens- wichtiger Instinkte.Inhalt: Im Mittelpunkt des Romans steht der von einem Bernhardiner und einer schottischen Schäferhündin abstammende Buck, der auf dem Anwesen eines Richters im kalifornischen Santa-Clara-Tal das geruhsame Leben eines Haushundes führt. Als ein Goldfund im Bergbaudistrikt Klondike in Alaska 1897 Tausende von Goldgräbern in die Nordlande lockt, nutzt der Gärtnergehilfe Manuel die Gunst der Stunde und verkauft den als Schlittenhund begehrten Buck an einen skrupellosen Händler.Das Tier wird nach Alaska transportiert und zum Schlittenhund abgerichtet. Buck, der sich immer nur so weit unterordnet, wie es sein Selbsterhaltungstrieb verlangt, lernt in der eisigen Wildnis von Alaska, sich an die für ihn ungewohnten Gesetze eines erbarmungslosen Daseinskampfs anzupassen. Die Revitalisierung seiner überlebenswichtigen Instinkte geht mit einem Regressionsprozess einher, in dessen Verlauf die Gültigkeit aller zuvor erlernten sozialen Spielregeln in Frage gestellt wird. Am Ende dieses Prozesses steht die Erfahrung, dass in der Wildnis das Recht des Stärkeren herrscht.Nach einem blutigen Kampf mit seinem stärksten Konkurrenten übernimmt Buck die Position des Leithunds. Die Gruppe wird schließlich an den Goldsucher Charles verkauft, der mit seiner Frau und seinem Schwager den Weg Richtung Dawson antreten will. Ihre Stümperhaftigkeit im Umgang mit den Hunden und dem Schlitten führt zu einem Unglück, dem Buck nur durch einen Zufall knapp entgeht. Der gutmütige und erfahrene John Thornton befreit den zu Tode erschöpften Buck von seinen Peinigern, kurz bevor sie samt ihrem Gefährt mit den übrigen Schlittenhunden ins Eis einbrechen.Die liebevolle Wachsamkeit, mit der Buck seinen Retter fortan begleitet, führt jedoch keineswegs zu einer Rückkehr in die Verhaltensmuster des domestizierten Hundes. Das Gegenteil ist der Fall, denn die enge Beziehung beider zueinander spiegelt weniger eine Abhängigkeit des Tieres vom Menschen als vielmehr die harmonische Beziehung eines Menschen zur Natur wider. Buck folgt schließlich immer häufiger dem »Ruf der Wildnis« und unternimmt lange, einsame Streifzüge durch die Wälder. Als Thornton in Bucks Abwesenheit von Yeehat-Indianern überfallen und getötet wird, reißt das letzte Band zwischen ihm und den Menschen. Seiner blutigen Rache an den Indianern folgt der endgültige Rückzug in die Wälder. In der Schlussszene des Romans kann sich Buck, der die Kunst des Jagens und Tötens nunmehr perfekt beherrscht, als Anführer eines Wolfsrudels durchsetzen.Wirkung: Ruf der Wildnis wurde wegen seiner sprachlich und dramatisch überzeugenden Gestaltungskraft ein Bestseller. Kritiker zählen den mehrfach verfilmten Roman zu den Klassikern der US-amerikanischen Literatur. B. S.