Seit vielen Jahren wird darüber gestritten, ob die Europäische Union Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufnehmen soll. Die Türkei sieht ihre politische und ökonomische Zukunft in der EU. Zu Europa jedoch, betonen die Kritiker, gehört die Türkei schon geografisch nur zu einem kleinen Teil. Bezweifelt wird vor allem, ob die Türken sich aus innerer Überzeugung wirklich als einen Teil der europäischen Wertegemeinschaft begreifen. Vor allem wird die nicht hinreichend gefestigte Rechtstaatlichkeit immer wieder als Argument gegen die mögliche EU-Aufnahme angeführt. Und unabweisbar spielt in den ansonsten christlich geprägten Mitgliedstaaten auch die Angst vor türkisch-islamistischen Kräften eine große Rolle. Besonders groß ist die Skepsis gegenüber der Türkei ausgerechnet in Deutschland, dem Land mit den mit Abstand meisten türkischen Immigranten. Der türkisch-deutsche Journalist Baha Güngür geht in seinem lesenswerten Buch die vorgebrachten Bedenken Punkt für Punkt durch und kommt zu dem Ergebnis, dass die Ursachen für die ablehnende Haltung in zumeist unbegründeten Vorurteilen zu suchen sei. Dies gelte auch für die Angst, die Türkei könne zum Einfallstor des Islamismus in Europa werden. Diesem Thema ist das vielleicht überzeugendste Kapitel des Buches gewidmet. Darin argumentiert der Autor mit guten Gründen, das Land am Bosporus böte sich im Gegenteil sowohl als „Bollwerk für den Westen“ an, wie als Brücke in den Orient „für geistige Werte wie Demokratie, Menschenrechte und Respekt vor anderen Kulturen und Religionen“. — Hasso Greb