Buchnotiz zu : Frankfurter Rundschau, 28.06.2003Gesellschaftliches Leben beruht auf Nachahmung – ein nach Ansicht von Franziska Meier nicht unrichtiger, wenn auch nicht besonders origineller Gedanke. Der französische Soziologe Gabriel de Tarde allerdings hetze diesen Gedanke in seinem erstmals 1890 erschienenen Werk „Die Gesetze der Nachahmung“ durch „falsche Ausweitung zu Tode“, konstatiert Meier mit einem Wort von Karl Jaspers. Wie sie ausführt, versteht de Tarde die Nachahmung als Gesetz des gesellschaftlichen Lebens überhaupt, was er an zahlreichen Beispielen aus allen Kulturen und Epochen demonstriere. Unter dem Eindruck des aufkommenden Sozialismus habe de Tarde etwa prognostiziert, „dass aufgrund der Nachahmung die unteren Schichten den oberen immer ähnlicher würden“, schreibt Meier. Auch die Emanzipation der Frau erkläre er als Folge des Drangs zur Nachahmung der sozial Überlegenen, hier der Männer. Die Rezensentin hält es da mit Hannah Arendt, die sie mit folgender Einschätzung zitiert: „Das Schlimmste (an solchen Theorien) ist, dass, ganz gleich, welches Kategoriensystem man anlegt, es immer stimmt, weil man ja, wie beim Kochen, nichts anderes rausnehmen kann, als man hineingegeben hat.“© Perlentaucher Medien GmbH Buchnotiz zu : Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.09.2003Diese soziologisch-programmatische Schrift ist, wie wir von Rezensent Hartmann Tyrell erfahren, berühmt. Ihr Autor, Gabriel de Tarde, war ein großer Widersacher Emile Durkheims, und ein Gründervater der modernen Soziologie. Das Buch erschien Tyrell zufolge im französischen Original schon1890 und liegt erst jetzt zum ersten Mal in deutscher Übersetzung vor. Der Rezensent schreibt die späte Übersetzung den lange gültigen soziologischen Grundsätzen Durkheims und der Tatsache zu, dass diese in letzter Zeit ins Wanken gerieten. Auch der Kampf um die Soziologie und ihre Grenzen sei in jüngster Zeit neu entflammt. „Kommt alle Ehre nun de Tarde zu?“ fragt der Rezensent und diskutiert ausführlich die Thesen des Buches, dessen Grundargument darin besteht, dass sich die Gesellschaft in einer unendlichen Vielzahl sozial aneinander anschließender Akte des Imitierens herstellen würde. De Tarde illustriert, lesen wir, diesen Grundgedanken auf den verschiedensten gesellschaftlichen Gebieten. Der Rezensent mag seiner Argumentation dabei nicht immer folgen und sieht auch Durkheims zeitgenössische de-Tarde-Kritik immer noch ein, die besagt, dass der Nachahmungsbegriff von de Tardes Theorie gelegentlich überfordert wird. © Perlentaucher Medien GmbH– Dieser Text bezieht sich auf eine andere Ausgabe:

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