Copyright: Aus Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg Verlag) Die neuen Leiden des jungen W.OA 1973 (Vorabdruck in Sinn und Form 1972)Form Roman Epoche GegenwartMit Die neuen Leiden des jungen W. gelang es Plenzdorf, die Ängste, Hoffnungen und das Lebensgefühl der Jugend in den 1970er Jahren in Ost- und Westdeutschland auf ungewöhnliche Art und Weise auszudrücken.Entstehung: 1968/69 entstand die Urfassung von Die neuen Leiden des jungen W. als Drehbuch, das jedoch nicht verfilmt wurde. Erst nachdem in der Kulturpolitik der DDR Ende der 1960er Jahre Tauwetter einsetzte, gelangte die Geschichte in die Öffentlichkeit, zunächst 1972 als Prosafassung in Sinn und Form, schließlich in einer Bühnenfassung, die am 18. Mai 1973 im Landestheater in Halle uraufgeführt wurde. Ebenfalls 1973 erschien die sich von der ersten Prosafassung kaum unterscheidende Romanfassung in ganz Deutschland. Die Urfassung von 1968/69, in der Edgar den Stromschlag überlebt, wurde erst 1982 veröffentlicht.Inhalt: Der 17-jährige Edgar Wibeau nimmt einen Streit mit seinem Vorgesetzten zum Anlass, seine Lehre in einem Metall verarbeitenden Betrieb abzubrechen und geht nach Berlin. Dort richtet er sich in einer verlassenen Gartenkolonie ein und findet ein Reclamheft. Dass es sich dabei um R Goethes Roman Die Leiden des jungen Werther handelt, weiß er nicht, weil er Titelblatt und Nachwort als Toilettenpapier benutzt. Von der Lektüre beeindruckt, verwendet Edgar fortwährend Zitate aus dem Werk. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich bei einer Malerkolonne: Nachdem deren Projekt, die Entwicklung eines Farbspritzgeräts scheitert und Edgar beinahe aus der Kolonne fliegt, baut er in seiner Laube an einem eigenen Gerät. Bei dessen Inbetriebnahme erleidet er schließlich einen tödlichen Stromschlag.Aufbau: Der Roman beschreibt, wie Edgars Vater Nachforschungen über die Todesumstände seines Sohns anstellt. Dazu spricht er mit Personen aus dem ehemaligen Umfeld Edgars. Die Gespräche werden durch den Toten »jenseits des Jordans« kommentiert und ergänzt. Dabei zeigen sich zahlreiche Bezüge zu Goethes Die Leiden des jungen Werther, nicht nur durch den Titel und Parallelen in der Handlung (die Beziehung zwischen Edgar, Charlie und Dieter, bei Goethe zwischen Werther, Lotte und Albert), sondern auch durch die von Edgar immer wieder eingefügten Originalzitate. Dagegen setzt Plenzdorf die von Jerome D. R Salingers Roman Der Fänger im Roggen beeinflusste Haltung und Sprache Edgars.Wirkung: Bereits nach der Veröffentlichung in Sinn und Form löste der Text in der DDR zahlreiche Diskussionen über Jugend und Gesellschaft aus. Sowohl das Theaterstück, das in der Saison 1974/75 das meistgespielte Stück in beiden deutschen Staaten war, als auch die Prosafassung wurden zu einem ungewöhnlichem Erfolg. 1975 verfilmte Eberhard Itzenplitz in Westdeutschland Die neuen Leiden des jungen W. nach dem Drehbuch von Plenzdorf. St. N.