Den Indianerkulturen des mittleren und südlichen Altamerika, die Richard Konetzke im Band 22 der „Fischer Weltgeschichte“, „Süd- und Mittelamerika I“, nur ganz am Rande behandeln konnte, ist mit dem vorliegenden Buch eine eigene, umfassende Darstellung gewidmet. Laurette Séjourné, in Frankreich geboren, seit Jahrzehnten in Mexiko lebend, gehört dem Instituto Nacional de Antropologia e Historia de México an. Sie meistert ihr schwieriges Thema in einem doppelten methodischen Zugriff: Zum einen schöpft sie aus den Chroniken der Eroberungszeit, die sie kritisch interpretiert und aus denen sie so die relevanten Aussagen über die Erscheinungsformen altamerikanischer Kultur im Moment ihrer Entdeckung durch die Europäer herausdestilliert; zum anderen bedient die Autorin sich des Instrumentariums archäologischer Forschung (hier liegt ihre eigentliche Domäne). Die dabei gewonnenen Ergebnisse werden durch zahlreiche Abbildungen besonders anschaulich gemacht. Wo es schriftliche Überlieferung gibt, wird diese selbstverständlich berücksichtigt. Ein gründlicher, durch zahlreiche Zitate aus den Chroniken höchst lebendiger Bericht über die Entdeckung und Eroberung des Kontinents gehört ebenso zu dieser Arbeit wie die detaillierte Analyse der altamerikanischen Gesellschaften, deren Gemeinsamkeiten und deren Unterschiede differenziert hervortreten.Die Kühnheit ihrer Thesen und das Engagement, das ihre Darlegungen prägt, lassen die Leidenschaftlichkeit einer Historikerin erkennen, für die das Vergangene nicht lebloser Untersuchungsgegenstand ist, für die das Gegenwärtige ohne den bewußt gemachten Bezug zu seiner Geschichte verkümmern muß.Der Band ist in sich abgeschlossen und mit Abbildungen, Kartenskizzen und einem Literaturverzeichnis ausgestattet. Ein Personen- und Sachregister erleichtert dem Leser die Orientierung.