Fritz Fischer (1908-1999) gehört zu den prägenden Historikern der Nachkriegszeit. Die nach ihm benannte „Fischer-Kontroverse“ in den 1960er Jahren markiert den Beginn einer umwälzenden Neuorientierung unter Historikern der zweiten Generation im Nachkriegsdeutschland. Seine Thesen sprengten den bis dahin vorherrschenden apologetischen Ansatz deutscher Geschichtsschreibung und stießen die Entwicklung zu einem grundlegend veränderten, kritischen Selbstverständnis der deutschen Geschichte zwischen 1871-1945 an. Ausgehend von Klaus Große Krachts Beitrag zu Fischers Verhalten im Nationalsozialismus (2003) vertieft vorliegende Arbeit Fischers Weg in Weimarer Republik und Nationalsozialismus insbesondere auf Grundlage weiterer Befunde seines Nachlasses. Fischers Umfeld, seine wissenschaftlichen Themen, Thesen und Pläne, sein Berufungsverfahren an der Universität Hamburg und die Akten seines Entnazifizierungsverfahrens werden eingehend beleuchtet. Nein, Fritz Fischer war kein überzeugter Nationalsozialist, aber um seiner akademischen Laufbahn willen scheint er mehr Konzessionen an den Zeitgeist gemacht zu haben, als bislang angenommen.