Buchnotiz zu : Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.2003Recht kritisch geht Rezensent Hans Christoph Buch mit dem von Sebastian Conrad und Shalini Randeria herausgegebenen Band „Jenseits des Eurozentrismus“ ins Gericht, der wichtige Vertreter dieser Denkrichtung vor allem aus angelsächsischen Ländern zu Wort kommen lässt. Zwar findet er die meisten Beiträge des Bandes „äußerst lesenswert“ und betont, dass sie einen guten Überblick über den Stand der postkolonialen Theorie vermitteln. Nichtsdestoweniger hat er an den einzelnen Beiträgen dann viel herumzumäkeln. Den von John L. und Jean Comaroff durchgeführten Vergleich zwischen den Armenvierteln Londons im neunzehnten Jahrhundert und den Wohnverhältnissen in Betschuanaland hält Buch zwar für „zutreffend“, aber „keineswegs für neu“. Bei Dipesh Chakrabartys Interpretation einer britischen Impfkampagne in Indien als kolonialem Gewaltakt erkennt der Rezensent „einmal mehr eine fatale Tendenz zur Verabsolutierung der Dritten Welt, die ansonsten brauchbare Einsichten konterkariert“. Den „Gipfel der Verzerrung“ erblickt Buch in Steven Feiermans „idyllischer Sicht des vorkolonialen Afrika“, die lokale Formen der Knechtschaft und Sklaverei zur Folklore bagatellisiere und gleichzeitig die Völkermorde in Ruanda und Biafra mit Schweigen übergehe. Sheldon Pollocks Beitrag über Indologie im nationalsozialistischen Staat würdigt er indes als „brillante Analyse“. Insgesamt ist für Buch die Faktenbasis des Buches zu schmal, „um dessen überzogenen Anspruch zu rechtfertigen, der postkoloniale Diskurs sei mehr als eine selbstreferenzielle Theorie und akademisches L’art-pour-l’art.“© Perlentaucher Medien GmbH