Die Stellung Deutschlands in Europa und die Richtung, die die künftige deutsche Außenpolitik einschlagen sollte — dies sind die Themen von Joschka Fischers Buch Risiko Deutschland. Er geht mit großer historischer Genauigkeit der Frage nach, warum Deutschland in der Vergangenheit zunehmend einen Sonderweg eingeschlagen hat, der es zu einem Unruheherd für Europa hat werden lassen. Und der letzten Endes in die Katastrophen zweier Weltkriege mündete. Fischer zeigt die historischen Entwicklungslinien, die zu dieser Situation führten. Ob es die erfolglose Revolution von 1848 oder der Versuch der Weimarer Republik war, ein freies und demokratisches Deutschland zu bilden, keine dieser Entwicklungen hat es vermocht, gegen den Widerstand der herrschenden Eliten wirklich dauerhafte demokratische Reformen durchzusetzen. Erst die Spaltung Deutschlands infolge des Kalten Krieges und die Westorientierung der Bundesrepublik führte zu einer europäischen Ausrichtung West-Deutschlands, die aber im Nachklang der Vereinigung gefährdet sein könnte. Schon machen sich Stimmen bemerkbar, die eine nationale Politik fordern statt europäischer Integration. Und genau dagegen schreibt Fischer energisch an: Er sieht eine sichere Zukunft Deutschlands nur in einer europäischen Ausrichtung. „‚Europa zuerst!‘ muß der Basissatz aller deutschen Außenpolitik bleiben“ ist Fischers prägnanter Standpunkt. Spätestens mit diesem 1994 geschriebenen Buch beweist Joschka Fischer, daß er sich vom Umweltideologen zu einem Politiker gewandelt hat, der sich kenntnisreich auch mit anderen Problemfeldern der Politik auseinandersetzt. Fischer zeigt bereits mit diesem Werk seinen Sachverstand über eine Materie, die er vier Jahre später als deutscher Außenminister verwaltet. Und er liefert ein deutliches und klar in der Geschichte verankertes Ja zu Europa. –Joachim Hohwieler
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.