Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) ist eines der eindrucksvollsten Beispiele dafür, dass sich Philosophie nicht auf Universitätsphilosophie beschränken lässt. Im Anschluss an Kant, für dessen einzig legitimen Thronerben er sich hält, legt er völlig unbeeindruckt durch die Fortschritte, welche die Philosophie seit Kant getan hat, als Dreißigjähriger sein Hauptwerk vor: „Die Welt als Wille und Vorstellung“, um den Rest seines Lebens an dessen Erweiterung, Vertiefung und Kommentierung zu arbeiten. Erkenntnistheorie, Metaphysik, Ethik und Ästhetik sind die thematischen Schwerpunkte dieses systematischen Entwurfes, der als ein organisches Ganzes aus der Explikation des einen Grundgedankens hervorgeht: die Welt ist die Selbsterkenntnis des Willens. Dass sich sein Denken in Selbstverleugnung und Weltüberwindung vollendet, zeigt Schopenhauer als Antipoden jenes der abendländischen Philosophie immanenten Optimismus, der in Leibnizens Lehre von der besten aller möglichen Welten beredten Ausdruck gefunden hat. Die Aufgabe, vor die wir angesichts der im Rahmen der europäischen Geistesgeschichte singulären Erscheinung gestellt sind, hat Kuno Fischer hat in der Vorrede zur 2. Auflage (1897) seines Schopenhauer-Buches, das hier um eine Einführung und aktuelle Literaturhinweise erweitert, erneut vorgelegt wird, treffend formuliert: „Wenn man den Philosophen richtig zu verstehen und zu beurteilen vermag, was freilich etwas schwieriger ist, als seine Schriften zu lesen und zu loben, so wird die Beschäftigung mit ihm nicht bloß blühen, sondern auch Frucht tragen. Von Schopenhauer ist mehr zu lernen als von ‚Zarathustra‘.“