Kapital nicht für die Kapitalgesellschaft In den 70er Jahren schlug der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger James Tobin vor, eine Steuer auf Transaktionen aus dem Devisenmarkt zu erheben. Die Zusammenbrüche der Finanzmärkte in einigen asiatischen Ländern, die Drohung, Finanzkapital aus den Ländern Lateinamerikas abzuziehen, und die Misserfolge des Internationalen Währungsfonds haben dazu geführt, dass die soziale Bewegung Attac (Association pour une taxation des transactions financieres pour l’aide aux citoyens) in rund zwei Dutzend Ländern deren politische Durchsetzung betreibt. Francois Chesnais analysiert das globale Finanzsystem, verortet darin den Stellenwert einer Transaktions-Steuer und benennt das Für und Wider der Tobin-Steuer in der aktuellen wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussion. Es sind die Pensionsfonds und die Kapitalanlagegesellschaften und nicht die Regierungen, die über den Ausgang diverser Devisenschlachten entscheiden. Der Zeithorizont der FinanzakteurInnen beschränkt sich dabei auf unter Umständen nur auf wenige Stunden. Eine Steuer auf Devisentransaktionen würde die Profite aus spekulativen Tages- und Wochengeschäften schmälern. Längerfristige Finanztransaktionen, die Gegengeschäfte zu Transaktionen im Zusammenhang mit dem internationalen Handel und produktiven Auslandsinvestitionen sind, würden dadurch keineswegs beeinträchtigt. Die Tobin-Steuer würde den Umfang des Devisenmarktes einschränken, ohne ihn lahm zu legen. Sie würde präventiv wirken, da kurzfristige Transaktionen zur Nutzung geringer Währungsdifferenzen unrentabel und destabilisierende Angriffe auf Währungen ökonomisch unattraktiv würden. In technischer Hinsicht wird das weltweite Verrechnungssystem durch eine begrenzte Zahl von Sondergesellschaften, die „International Clearing Houses“ (zum Beispiel Euroclear, Cedel und Switch in London, Chips in New York) gewährleistet. Die Erhebung der Tobin-Steuer wäre direkt am Handelsplatz machbar. Eine Einführung der Steuer setzt voraus, dass sich alle Länder, auf die sich die Devisengeschäfte konzentrieren, , also die G7-Staaten, Hongkong und Singapur daran beteiligten. Das deutsche „Attac Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte“ arbeitet an der Analyse und politischen Aufbereitung wesentlicher Probleme der Finanzmärkte und konzentriert sich auf drei Aufgaben: 1. die Einführung einer flexiblen Devisentransaktionssteuer, der Tobin-Steuer 2. die Schließung von Offshore-Zentren und Steuerparadiesen 3. die Kritik und Abwehr der rot-grünen Pläne zur Privatisierung der Altersvorsorge. Denn das rot-grüne Konzept für eine Rentenreform stärkt auch die Kapitalanlagegesellschaften. In einer Situation des Kapitalüberflusses wird durch (Teil-)Privatisierung der Alterssicherung weiteres Geld in die Finanzmärkte verlagert.Francois Chesnais ist Professor für internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universite Paris-Nord in Villetaneuse und Chefredakteur der Zeitschrift „Carre rouge“. Er arbeitet im wissenschaftlichen Beirat von Attac.