Wolfgang Seidel macht sich in diesem kurzweiligen Buch auf die Suche nach dem, was hinter unseren Wörtern steckt. Und das ist allemal einen Blick wert, oft sogar kurios und außerordentlich interessant. Dabei erfährt man nicht nur, woher das schwarze Schaf kommt, sondern auch, wo der Barthel den Most holt oder warum jemand frech wie Oskar ist. Warum man dem Affen Zucker geben muss oder wo der Hund begraben liegt. Oft führt der erste Blick allerdings in die Irre: Der begrabene Hund ist eigentlich ein Schatz, und wenn es etwa zieht „wie Hechtsuppe“ liegt das an der missverständlichen Eindeutschung des jiddischen „hech supha“, was Sturmwind bedeutet. Auch einer Fehlleistung verdanken wir das Wort „Zenit“, das aus dem Arabischen in viele europäische Sprachen einwanderte und eigentlich „Zemt“ lauten müsste — ein spanischer Schreiber im Mittelalter hat sich aber verschaut und das m als ni gelesen, das wurde dann von anderen munter kopiert. Überhaupt ist die Geschichte der Wörter voll von interessanten Migrationen und dem regen Austausch zwischen den Sprachen. Das uns sehr französisch erscheinende „Boulevard“ etwa geht auf das deutsche „Bollwerk“ zurück, weil manche Prachtstraßen anstelle früherer Festungswälle angelegt wurden. Sogar welche deutschen Wörter es in andere Sprachen geschafft haben, erfährt man bei diesem empfehlenswerten Streifzug durch die Etymologie. Der Japaner beispielsweise benutzt „arbubeito“ (Arbeit), „genepuro“ (Generalprobe) oder schnallt sich einen „ruckusacku“ um. Ein wirkliches Nachschlagewerk zur Etymologie der deutschen Sprache kann und will Wolfgang Seidel mit seinem Buch freilich nicht liefern. Es gibt nicht einmal ein Register, aber dafür eine sehr sinnvolle Kapitelunterteilung nach Themen — von „Menschen & Alltag“ bis „Sport & Freizeit“. Eingestreut sind auch immer wieder Listen, etwa eine Aufzählung von Werbeslogans die zu Redewendungen wurden — von „Wer wird denn gleich in die Luft gehen“ bis „Er hat überhaupt nicht gebohrt!“ Nach den 250 Seiten kann man jedenfalls nicht mehr behaupten: „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.“ — denn woher dieser Spruch stammt, erfährt man natürlich auch. –Christian Stahl
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.